Chronik

So fing die Geschichte an

Sie waren vom Wasser nicht wegzuprügeln, diese Eimsbüttler Jungs. Es lag wohl bei ihnen im Blut, waren sie doch fast alle Söhne von Kapitänen oder hatten solche Väter, die irgendwie mit der Seefahrt zu tun hatten. Kein Wunder eigentlich, nannte man damals doch Eimsbüttel noch Kaptänsbüttel. Mit selbstzusammengeklüterten Kajaks nach den Rezepten irgendeines Jugendbuches fing es an. Als Quintaner. Es war nichts Rechtes. Die Boote, die man als Quartaner besaß, waren schon besser. Man konnte sich mit ihnen sehen lassen und in den großen Ferien weite Fahrten unternehmen, die bis in die mecklenburgischen Seen führten. Selbstverständlich wurde um das Ganze herum ein Verein gegründet, der erste Kanu-Klub Hamburgs, der sich noch heute der besten Gesundheit erfreut. Das Schlimme aber war, daß sich kurz nach der Gründung Erwachsene einmischten und die kleinen Quartaner an die Wand drückten. Sie hatten nichts mehr zu melden, es war nicht mehr ihr Verein. Die Seligkeit des Jahres 1905 hatte nicht lange gedauert und Jonny Paddelmann stand wieder an Land. In bezug auf die Schularbeiten war das sicher auch besser, besonders da der Mathematikprofessor unmittelbar am Isebekkanal wohnte und von seinem Balkon genauestens überwachen konnte, ob die Jungen Schularbeiten machten oder Allotria auf dem Wasser trieben.

Dann erwägte die Oberschulbehörde, Schüler-Rudervereine ins Leben zu rufen. Hei, das war wieder etwas. Die Jungen, inzwischen mit Mühe und Not zu Obertertianern avanciert, waren sofort dabei. Sehr schnell aber fanden sie auch hier das Haar in der Suppe. Zu kommandieren im Boot hatte nur der Herr Lehrer. Das niedere Schiffsvolk an den Riemen durfte den Schnabel nicht aufmachen. Und dabei verstanden diese Kapitänsjungs doch viel mehr von der christlichen Seefahrt als ihr hinter Wandsbek geborener Schulmeister.

Und so standen die Obertertianer wieder am Ufer und hörten in der Ferne das „Und eins! Und eins! Schlag halten! Und eins! Und eins! Riemen ausdrehen! Und eins!“ verklingen.

Fünf Untersekundaner fassen einen wichtigen Entschluß

Die beiden Vereine, denen man so schnell die Treue gebrochen hatte, gediehen auch ohne die Kapitänsjungs prächtig. Beide bestehen noch heute und sind im deutschen Wassersport hoch geachtet.

Es mußte irgend etwas geschehen. Ohne Boot war das Leben kaum lebenswert. Im stillen beneidete man die Klassenkameraden doch, die bei der Paddelei geblieben oder sich immer noch als Ruderknechte verdingten. Und der Rest, die fünf Untersekundaner der Oberrealschule Hamburg-Eimsbüttel, sonderte sich von den übrigen ab. Seit Wochen, nein, seit Monaten schon standen sie in den Pausen in der Ecke des Schulhofes bei der Sprungkuhle und tuschelten, anstatt mit den anderen Jungen zu tollen oder mit zusammengeknülltem Frühstückspapier Fußball zu spielen. Und nachmittags saßen sie mit heißen Köpfen bei irgend jemandem auf der Bude und brüteten aus, was geschehen sollte.

Noch einen Kanu-Klub gründen? Quatsch! Etwa wieder rudern, mit den Werrys von Bootsvermieter Tiemann vielleicht? Quatsch mit Soße! Nee, ein Segelverein soll es sein. Klar, ein Segelverein, ein Jacht-Klub! Aber da darf kein Großer und kein Pauker hineinquatschen. Sonst haben sie nur wieder Beiträge zu zahlen und im übrigen den Schnabel zu halten. Ihr Deutschlehrer war nämlich der Vorsitzende des Ruder-Clubs, und als Kanufahrer liefen sie jederzeit ihrem Mathematikprofessor unter die Augen. Und beides wirkte sich auf die Zeugnisse aus. Schon mehrmals hatte daruntergestanden so etwas von „gehörig zusammennehmen oder Klassenziel nicht erreichen“.

Wenn man einmal die Annalen des Segelsports durchblättert, findet man eigentlich immer wieder dasselbe. Weshalb und von wem wurden die einzelnen Vereine gegründet? Oftmals waren es die Mißvergnügten aus einem älteren Verein. Ihnen paßte dort irgend etwas nicht, vielleicht nicht die Nase des I. Vorsitzenden oder die Höhe des Beitrages. Sie traten aus und gründeten ihren eigenen blühenden Jacht-Klub und glaubten, daß sie alles viel besser verstünden. Würde man einen Stammbaum aller hamburgischen Segelvereine aufstellen, fände man bald heraus, daß sie fast alle miteinander verwandt und verschwägert sind und als knorrige Wurzel den alles überdauernden Allgemeinen Alster-Club haben. Manche Segelklubs gedenken auch ihrer Ahnen und überreichen ihnen zum Muttertag einen Blumenstrauß, wie es jüngst beim Ansegeln der Segler-Vereinigung Altona-Oevelgönne die Vereinigung Harburger Segler machte, die aus ihr hervorgegangen war.

Die fünf jungen Brausewinde hatten noch keinem Segelverein angehört und hatten deshalb auch keine verwandtschaftlichen Beziehungen zu diesen. Aber sie hatten etwas gegen ältere Leute, von denen sie bisher nur als dumme Jungen behandelt worden waren.

Als Söhne von Kapitänen konnten sie natürlich alle segeln, jedenfalls das, was sie dafür hielten. Beiläufig hatten sie sich auch erkundigt, wie hoch die Beiträge in den Segelvereinen waren, was solch ein Segellängenkreuzer kostete und was man sonst noch alles nötig hatte. Dabei kamen Zahlen zutage, die eigentlich nur in Logarithmentafeln zu finden sind.

Der 5. Januar 1910 wurde zu einem denkwürdigen Tag

So kam der 5. Januar 1910 heran. Dieser Tag wurde ein großer Tag. Die fünf jungen Leute gingen in die Gastwirtschaft „Landt’s Eck“ am Eppendorfer Weg, bestellten sich je einen Bilzgrog, ein alkoholfreies Getränk, und steckten zu wichtigen Beschlüssen die Köpfe zusammen.

„Der Segelsport darf nicht mehr der Sport der Reichen sein. Auch uns muß er erschlossen werden!“ haute Richard Raasch mit der Faust auf den Tisch. Für dieses schön gesprochene Wort wurde er einmütig zum I. Vorsitzenden erwählt.

„Mehr als einen Groschen Wochenbeitrag dürfen wir nicht nehmen“, pflichtete ihm der Chronist bei, weshalb man ihn zum Kassierer ernannte.

„Und eine feine Jacht werden wir uns von den eingehenden Geldern zusammensparen, aus Mahagoni gebaut, mit Messingbeschlägen“, zukunftsträumte Ernst Wilkens. Ein Mann mit solchen Ideen mußte Takelmeister werden.

„Natürlich geben wir auch eine Zeitung heraus, und die verkaufen wir in der Pause auf dem Schulhof“, meinte Marius Lange und wurde dafür zum Schriftführer erwählt.

Weshalb eigentlich Hans Homann kein Amt erhielt, lag wohl daran, daß er noch Obertertianer war. Und wo hat jemals ein Untersekundaner einen Obertertianer für voll genommen? Ganz abgesehen davon, daß unser Verein schließlich nicht nur aus dem Vorstand bestehen durfte. Ein paar Mitglieder, die nach dessen Pfeife tanzten, mußte man schon haben.

Noch an demselben Abend wurden aus den Fünfen sieben. Walther Böge und Otto Junge ließen sich in feierlicher Amtshandlung, mit Vereidigung und so, in den Verein aufnehmen.

Eine neue Lage Bilzgrog wurde angefahren, und der „Hamburger Segel-Verein von 1910“ er lebe hoch, hoch, hoch!

Dann wurde der Stander geschaffen. Er wurde weiß mit einem schwarzen liegenden Kreuz und einem roten Ball in der Mitte. Es war ein schöner Stander.

Das waren die Gründer

  • Walther Böge
  • Ludwig Dinklage
  • Hans Homann
  • Otto Junge
  • Marius Lange
  • Richard Raasch
  • Ernst Wilkens.

Die Segler kämpfen um ihre Ehre

Die Kunde von dem neugegründeten „Hamburger Segel-Verein von 1910“ mit einem Groschen Wochenbeitrag verbreitete sich wie ein Lauffeuer durch die Klassen der Oberrealschule Eimsbüttel. Selbst die Oberrealschüler vom Holstentor spitzten die Ohren, als sie davon hörten. Aus beiden Schulen liefen uns die Jungen zu: Heinrich Peters, Karl Gresmann, Eduard Nagel, Otto Mahn, Henry Hensel, Max Balbarsus, sind Namen, die dem Chronisten in der Erinnerung blieben. Man muß bedenken, daß es damals in Hamburg nur wenige Segelvereine gab und keiner von diesen eine Jugendabteilung hatte. Wer von den Jungen segeln wollte, mußte sich schon ein Boot mieten oder sich an den Stegen der Bootsvermieter herumtreiben und warten, bis ein hoher Jachteigner, dem gerade ein Mitsegler fehlte, ihn zu einem Stündchen Segeln einlud. Das Mitsegeln bestand in den meisten Fällen nur aus Messingputzen und Bilgeausösen. Schoten oder gar Ruderpinne waren heilige Dinge an Bord, die man nur ehrfürchtig betrachten durfte. Nur der hohe Eigner, der liebe Gott an Bord, durfte in nähere Berührung mit ihnen kommen.

Da war es also gar kein Wunder, daß dieser Segelverein der Jugend viel Zulauf bekam und er es sich leisten konnte, fünf Groschen Eintrittsgeld zu erheben.

„Och, ihr mit euerm lächerlichen Segelverein! Das ist doch genau solch Quatsch wie mit euerm Paddelbootsverein!“ sagten die Galeerensklaven, die Mitglieder des Schulruderverein „Wiking“, zu dessen Geburt wir erst vor Jahresfrist unseren Beitrag geleistet hatten.

„Was habt ihr da eben gesagt, ihr Flaschen? Wollt ihr das zurücknehmen?“

„Und nicht mal einen anständigen Dreß habt ihr, lauft da herum mit euerm piepsigen Bändchen in der Jacke…“

Jäh wurde die Unterhaltung abgebrochen, als der Schulhof zum Kampfplatz wurde. Die Mitglieder des „Hamburger Segel-Vereins von 1910“ traten an gegen die Mitglieder des Rudervereins „Wiking“. Die Ehre unseres schwarzweißroten Standers blieb unangetastet.

Wir Segler bekamen im Deutschen eine Vier, dafür aber in Physik eine Zwei. Der Deutschlehrer war Ruderer, nämlich Dr. Linsdorf, dessen Name noch heute in einem Gigvierer des Schulrudervereins „Wiking“ weiterlebt, und der Physiker, Dr. Großmann, besaß ein Segelboot.

Auch eine Zeitung erschien, vier Seiten stark, von Richard Raasch mit Hektographentinte auf Kanzleipapier geschrieben und abgezogen. „Der Segler“ hieß sie und kostete einen Groschen. Die ganze Verwandtschaft, alle Freunde mußten diese Zeitung abonnieren. Der Chronist selbst versuchte sich darin als Schriftsteller und schrieb einen tiefschürfenden Aufsatz „Wie erbaue ich ein Boot?“ und machte auch die Zeichnungen dazu. Hoffentlich hat keiner danach gebaut. Otto Mahn steuerte seinen besten Schulaufsatz „Ebbe und Flut“ bei. Er war sehr lyrisch, und die Tanten weinten bei dessen Lektüre. Bald kam eine zwei Seiten lange Romanbeilage hinzu. Ausgerechnet der Chronist mußte den Fortsetzungsroman schreiben. „Der Bergelohn“ hieß er und war eine Segelgeschichte mit Torpedobooten und Liebe. Von letzterer verstand er genaugenommen nichts, und dieser Ansicht war auch sein Deutschlehrer Dr. Linsdorf, der an dem Roman viel auszusetzen fand.

Endlich wurde gesegelt

Der Zweck eines Segelvereins ist es zwar nicht, ein Lesekränzchen zu sein, sondern seine Mitglieder im männlichen Sport zu ertüchtigen. Viele Groschen gingen ein, und da wir praktisch genommen herzlich wenig Ausgaben hatten, war nun allerhand in der Kasse. Die Foliobogen für die Zeitung, die Hektographentinte und was wir sonst nötig hatten, waren Stiftungen. Auf Zeichenkarton, aus einem „Kastanienblock“ herausgetrennt, malten wir uns selbst die Mitgliedskarten, ein Oktavheft für die Kassenführung, eines für die Mitgliederliste, ein Schreibheft für die Versammlungsprotokolle – mehr benötigten wir nicht.

Für ein eigenes Boot langten die Groschen nicht im entferntesten. So suchten wir nach einem anderen Weg, denn gesegelt werden mußte. Ich besaß noch mein altes Paddelboot, das bei dem alten Harry Reese, dem Bootsvermieter vom Alsterufer, am Steg lag. Mit Vadder Reese verstand ich mich sehr gut und konnte es auch erreichen, daß er uns jeden Sonntagmorgen ein Segelboot zu einem Vorzugspreis gab. Das konnten wir finanzieren. Hinzu kam, daß nicht alle unsere Mitglieder regelmäßig zum Segeln kamen. Manchen genügte es, wenn sie nur unsere schwarzweißroten Farben im Knopfloch und den gestickten Stander vor der Mütze tragen, durften. Segler zu sein, das war doch etwas viel Schneidigeres als Ruderer oder gar Fußballspieler. Dafür opferte man gern die Groschen.

Unser Segelverein war etwas eigenartig. Wer heutzutage segeln will, muß dafür schweres Geld bezahlen. Bei uns war es im ersten Jahr umgekehrt. Wer nicht zum Segeln kam, mußte fünfzig Pfennig Buße bezahlen. Die gleiche Strafe traf den, der an einem Vereinsabend in „Landt’s Eck“ fehlte.

Der Vorstand – die Kapitänssöhne – konnte natürlich segeln. Wir ernannten uns gegenseitig zu Bootsführern und durften als Zeichen unserer Würde eine besondere Flagge im Steuerbordwant fahren. Sie war weißrot mit einem, zwei oder drei senkrechten schwarzen Streifen, je nachdem welche Charge wir erklommen hatten: Bootsmann, Hochbootsmann oder Schiffer. Die Aufgabe dieser „Achtergäste“ war es, nicht nur unsere segelunkundigen Kameraden spazieren zu segeln, sondern sie auch in der Segelkunst zu unterweisen.

Wir segelten nicht nur, wir sangen auch

Einmal in der Woche hielten wir in „Landt’s Eck“ am Eppendorfer Weg eine Versammlung ab. Das Erscheinen war Ehrensache, unentschuldigtes Fehlen kostete Strafe. Hier wurde auf der schwarzen Tafel weitergesegelt, der ganze Mist, den die Segelschüler am letzten Sonntag zusammengefahren hatten, noch einmal breit auseinandergetreten. Dann wurden die Bootstypen gepaukt und Spleißen und Knoten an Wäscheleinen geübt, bis wir schließlich bei einem Bilzgrog Seemannslieder sangen. Zu diesem Zweck hatten wir uns sogar Couleurbänder vor die Weste gebunden, weißschwarzer Rips mit in Rot eingesticktem Vereinsnamen. Auch Biernamen führten wir, eine Sitte, die damals auch in anderen Wassersportvereinen üblich war, wie wir später erfuhren. Unser Vorsitzender Richard Ratsch hieß Erik Rauda. Daß er nachtschwarze Haare hatte, störte uns dabei nicht. Ich hörte auf den Namen des alten Wikingerbarden Horand, obgleich ich im Singen stets eine Fünf hatte. Nur gut, daß keiner die „Edda“ gelesen hatte, denn dort war ein Kapitel überschrieben: „Wie süß Horand sang“.

Die ersten Mädels kreuzen bei uns auf

So verging der halbe Sommer, da gestand ich dem Vorstand, daß wir die bare Kasse schon versegelt hatten und in unserer Zigarrenkiste nur noch ein paar rote Kupferpfennige klöterten. Mit dem einen Groschen kamen wir also nicht aus. Es mußten neue Wege zur Finanzierung gefunden werden. Und wir fanden sie, indem wir ältere, kapitalkräftigere Mitglieder aufnahmen. Auch Damen wollten wir in unserem Kreis dulden. Meine beiden älteren Schwestern machten den Anfang. Sie bezahlten zwei Groschen in der Woche und waren zudem vom theoretischen Unterricht befreit. Hatten wir damit schon zwei weibliche Wesen, meldete sich mit Else Rugiés auch die dritte an. Bei Else saßen die Groschen leider auch nicht so lose im Portemonnaie. Oftmals mußte sie einen Fünfer, einmal sogar einen Groschen für verspätete Zahlung berappen. Auch die schulentlassene Jugend stieß zu uns, zunächst mein Vetter Theodor Schlüter, der bereits Bankeleve war. Durch frühere Erfahrungen gewitzigt, paßten wir jetzt höllisch auf, daß uns das Heft von den Älteren nicht mehr aus der Hand genommen wurde.

Inzwischen war unser Verein so groß geworden, daß wir sonntags nicht nur ein Mietsboot benötigten, sondern schon vier und manchmal sogar fünf von Reeses Booten bemannen konnten. Im Herbst schrieben wir Regatten aus. Die Bootsführer losten untereinander die Boote aus und durften dann, nach Segelschiffsart, ihre Mannschaften selbst auswählen. Meine ersten Regattapreise, silberne Schnapsbecher, habe ich hier gewonnen.

Wer Glück hatte, bekam die „Alster“, Reeses neuestes und bestes Boot. Aber auch „Blitz“ mit dem Fächerschwert war nicht schlecht. Die alte „Undine“ war ein Riesenschiff, auf der man beinahe den ganzen Verein verladen konnte. Nur leckte das Biest zum Gotterbarmen. Die „Arthur“ war ein rankes Fuhrwerk, und die flache „Jenny“ lief nur bei Flaute. Härteres Wetter mochte sie gar nicht. Das mochte auch nicht die „Max“, diese alte Kenterkutsche. Vadder Reese gab dieses Boot bei böigem Wetter gern an Leute weg, die 20 Mark Pfand bezahlt hatten. Nach spätesten“ einer Viertelstunde lagen diese bereits im Bach und wir mußten das Boot bergen. Damit waren die 20 Mark Pfand dann verfallen.

Wir Bootsführer standen natürlich alle in einem besonders guten Verhältnis zu Vadder Reese. Nicht nur sonntags, auch alltags waren wir immer am Steg zu finden. Lässig lehnten wir dann gegen einen Pfahl, die Arme verschränkt. So warteten wir auf Segelkundschaft. Das Segeln kostete 1,50 Mark die Stunde, mit Schiffer 1 Mark mehr. Dann durften wir die Leute spazieren schippern. Die Mark aber strich Harry Reese ein.

Das Jahr 1911

Mit rund dreißig Mitgliedern traten wir in das zweite Lebensjahr unseres Vereins. Unter den Neuen befanden sich auch die Brüder Walter und Paul Adolf Seitz. Soll ich weitere Namen nennen, so erinnere ich an Magnus Kunz, den wir, weil er Justizbeamter war, Dr. Nuß nannten, Otto Hamacher, Carl Wenzel, Helmuth Westendorf, Hermann Sander, Reinhold Mahlau, Theodor Siefken, Ernst Berkholtz, Hans Köpstein, Hermann Wasserthal, Walter Diskowsky, Willy Reese, jüngster Sohn von Vadder Reese, und wie sie alle hießen.

Mit den paar Mark, die wir im Frühjahr auf der Sparkasse hatten, hofften wir uns eine Segeljolle kaufen zu können. Schon lange liebäugelten wir mit der Alsterjolle „Viola“, einem zitronengelben Gebilde, das bei Carl Reese in der Ecke neben dem Alsterpavillon zum Kauf angeboten wurde. Wir boten 100 Mark und hätten das Boot beinahe auch bekommen, wenn da nicht einer 120 Mark geboten hätte. Es war Dr. Carl Dannies; dieser malte sie grün an und nannte sie „Gunny“. Dann trat er dem „Hamburger Segel-Verein von 1910“ bei.

Wir bekommen Ärger unseres Namens wegen

Wir segelten in unseren Mietsbooten weiter, bildeten neue Bootsführer heran und nahmen ihnen die theoretischen und praktischen Prüfungen ab. Jetzt ging es hin und wieder auch schon zur Elbe. Das zweite Privatboot kam in den Verein – mein Paddelboot zählte nicht für voll -. Es war die kleine Kieljacht „Sussi“ von Kresse und Mülder.

Eines Tages suchte uns am Steg ein sehr freundlicher Herr auf, sagte, er wäre Mitglied des Hamburger Segel-Vereins, der drüben an der Gurlittinsel sein Heim hätte, und ob wir gar nicht wüßten, daß es bereits seit neunzehn Jahren einen Verein dieses Namens gäbe. Nein, das wußten wir nicht, hatten wir uns doch bisher überhaupt noch nicht um andere Vereine gekümmert. Wir redeten hin und her und einigten uns schließlich dahin, daß wir als die Jüngeren unseren Namen ändern wollten. Da wir noch nicht in das Vereinsregister eingetragen waren, war die Umbennenung eine einfache Sache. Wir hießen von nun an „Hansa Segel-Verein von 1910“.

Das erste Vereinsboot

Im Herbst 1911 kauften wir Dr. Dannies für 150 Mark die grasgrüne „Gunny“ ab und tauften sie um in „Hansa“. Sie war um die Jahrhundertwende auf der Werft W. von Hacht im Typ der Alsterjollen erbaut, 5,50 Meter lang mit etwa 20 qm Segelfläche, klinker und völlig offen. Nur vorn und achtern hatte sie eine kleine Gräting. Leider leckte die „Hansa“ an allen Ecken und Kanten und ihre Segel waren ein vermulschtes Leichentuch. Die 150 Mark schienen fortgeworfenes Geld zu sein. Aber wir waren alle verliebt in das Boot und man weiß ja, wo bei Verliebten der Verstand bleibt.

Alle diese Mängel hielten uns jedoch nicht davon ab, mit der „Hansa“ auf die Elbe zu gehen. Wir segelten nach Cuxhaven, machten sogar Schläge in See und einmal ging es sogar bis Helgoland. Noch heute sollte man uns dafür den Hosenboden strammziehen. Bei der tollen Fahrt zur roten Insel riß uns an beiden Seiten der Schergang auf durch den Zug der Wanten. Die Püttingeisen waren viel zu kurz, war es doch nur eine Alsterjolle. Drei Mann mußten immer auf dem Dollbord sitzen und so den Schergang herunterdrücken, damit er nicht weiter aufklaffte. Wenn man das Boot von weitem besah, sah es in seiner blütenweißen Außenhaut und den knackwurstbraunen Duchten jugendlich schön aus.

Wieviele Stunden hatten wir auch damit verbracht, unsere „Hansa“ richtig auf Vordermann zu bringen. Von vorn bis achtern hatten wir mit Seifenlauge die grüne Farbe abgezogen, hatten neue Fußbretter gebaut, hatten gemalt und gelackt, hatten gespleißt und Segel genäht. Mein erstes polizeiliches Strafmandat erhielt ich, weil ich an einem Karfreitag während der Kirchzeit am Bootssteg hobelte und sägte.

Wieder haben wir Kummer mit dem Namen

Obgleich wir jetzt sehr viele Ältere in unserem Verein hatten, denn unter Jugendlichen machen sich drei oder vier Jahre Altersunterschied schon sehr bemerkbar, herrschte bei uns eine verschworene Kameradschaft. Wir hatten auch das Klublokal gewechselt. „Landt’s Eck“ lag uns doch zu weit ab. So zogen wir nach Tante Minna in das „Alstercafe“ an der Esplanade. Tante Minna hatte ein nettes Klubzimmer, in das wir gerade hineinpaßten. Manchen Jux hat es dort gegeben. Hatte Tante Minna eine neue Kellnerin eingestellt, ging nur einer von uns durch das Kaffee in das Klubzimmer, nahm dort Platz und gab der Bedienerin seine Bestellung auf: 20 Tassen Kaffee und 20 Stück Nußtorte.

„Frau Seiler, da ist ein Gast, ich glaube, der ist nicht ganz richtig. Er hat 20 Tassen Kaffee und 20 Stück Nußtorte auf einmal bestellt“, wandte sie sich ratlos an die Wirtin.

„Nun, wenn er das bestellt hat, bringen Sie ihm das doch. Ein Gast ist bei uns immer König“, schmunzelte Tante Minna.

Dieser König hatte aber inzwischen das zu ebener Erde liegende Fenster geöffnet und neunzehn Segler stiegen leise hindurch und nahmen ebenso leise Platz. Schade, daß das grenzenlos dumme Gesicht der Kellnerin nicht im Bilde festgehalten worden ist, als sie mit dem Kaffee und Kuchen hereinkam.

Kamen wir sonntagsabends von der Elbe zurück, mußten wir noch kurz bei Tante Minna eingucken. Bas Cafe war proppenvoll von Gästen. Im Gänsemarsch spazierten wir durch die Tür, verschwanden im Klubzimmer, stiegen zum Fenster wieder hinaus auf die Straße und schlossen uns dem Schwanz von neuem an. Das machten wir drei- oder viermal, und draußen staunten die Gäste, wieviele in das Klubzimmer hineingingen. Wir freuten uns über die vielen dummen Gesichter.

Das „Alstercafe“ war eine alkoholfreie Schenke. Im Fußboden des Klubzimmers aber befand sich unter dem Teppich eine Falltür. War Tante Minna gut gelaunt, öffnete sie die Falltür und zauberte allerhand Alkoholiges aus dem Keller hervor.

Wir glaubten, daß wir als „Hansa Segel-Verein von 1910“ allen Wünschen anderer Klubs gerecht geworden wären. Leider war das nicht ganz der Fall. Am Spiegel unserer Jolle prangte in Holz geschnitzt und mit Blattgold ausgelegt „Hansa – HSV – Hamburg“. Ja, immer noch HSV. Wie leicht konnte das zu Verwechslungen mit den Gurlitt-Insulanern führen. Wir wurden deshalb auch einmal in der Rathaus-Schleuse von einer anderen Jacht angeprait. Um des lieben Friedens willen und weil wir eben auch die Jüngeren waren, änderten wir unseren Namen abermals, diesmal in

„SEGEL – VEREIN HANSA VON 1910“

Eines unserer Mitglieder – sein Vater war nämlich Kapitän des Dampfers „Solingen“ der Deutsch-Austral-Linie – meinte, daß unser Stander sehr viel Ähnlichkeit mit der Kontorflagge jener Reederei hätte. Auch wir sahen das ein, und fortan wurde der rote Ball geändert in das weiße Hamburger Wappen im roten Feld.

Und da kam die „Hansa“ unter einen Alsterdampfer, gerade vor der Lombardsbrücke, wo sie in hoffnungsloser Flaute trieb. Nur die Backbordseite blieb in alter Schönheit erhalten. Hermann Sander, den wir Büge nannten, und Reinhold Mahlau waren so freundlich. Aber sie konnten wirklich nichts dazu, obgleich der Dampfer „Latona“ von dem besten Kapitän der Alster-Dampfer-Gesellschaft gesteuert wurde. Das Gericht war der gleichen Ansicht wie wir, daß selbst Göttinnen der Nacht nicht ohne weiteres manövrierunfähige Segelboote über den Haufen rennen dürften. Jedenfalls kam das Wrack an die Werft, und im Frühjahr 1912 verließ ein schöner weißer Schwan, vorn und achtern eingedeckt und mit Waschbord versehen, mit nagelneuen Segeln und blitzendem Messing, die Werft von Ferdinand Schmidt.

Wir ziehen um zur Alster

Der Bootsvermieter Harry Reese, dem wir so lange liebe Gäste gewesen waren, als wir seine Boote mieteten, glaubte, daß wir ihm zu viel am Steg herumdalberten. Er setzte uns kurzerhand an die frische Luft, jedoch „Baron Schmidt“ an der „Alsterlust“ vor der Lombardsbrücke nahm uns mit offenen Armen in Empfang.

Weitere Boote stießen zu uns, eine Elbjolle „Kiboko“, eine Nationaljolle „Katiti II“, einstmals die schnelle „Peiho II“ von Erich Laeisz, und der Überrest eines kleinen aufgelösten Segelvereins von der St. Georger Alsterseite. Es war die „Tannhäuser“, ein Schwertboot aus den neunziger Jahren mit geradem Steven und endlos langem Klüverbaum. Sogar ein großes Kielschiff kam zu uns, die „Georg“. Diese Jacht segelten zumeist Hermann Sander und Reinhold Mahlau. Und wenn wir es nicht glauben wollten, was für ein fabelhafter Turner Büge war, dann enterte er in den Topp und machte auf dem Flaggenkopf einen Handstand. Ja, so war Hermann Sander.

Einmal im Jahr wurde nicht gesegelt, sondern gerudert. Das war die große Herrentour mit Damen nach Wellingsbüttel oder Poppenbüttel. Oh, was wurden wir dabei schön dun! Einmal im Jahr machten wir auch eine Barkassenfahrt, mit Jacobs aus Oevelgönne. Meistens ging es nach Buxtehude. Wenn wir zurückfuhren, mußten wir meistens in Schulau einen fremden Mann annehmen, der das Boot nach Hause steuerte. Die Kästen mit dem Buddelbier waren sämtlich leer. Und irgendwo mußte der Alkohol ja geblieben sein. Über Bord gegossen hatten wir ihn nicht.

Nur ein Beiboot fehlte an unserem Glück

Immer noch hatten wir allwöchentlich unsere Zusammenkunft mit theoretischen Kursen. Diese fanden nicht bei Tante Minna im Alstercafe statt, sondern bei den Gebrüdern Ortmann im Hotel „Pariser Hof“ am Holzdamm. Hier tagten wir in der Kellerkajüte, die mit schönen Segelbildern dekoriert war. Diese Abende waren immer sehr gut besucht. Wir hatten dort auch einen kleinen Flaggenmast, der neben dem Vereinsstander und der deutschen Flagge unter der Rah auch die Namensflaggen aller Mitglieder trug.

Jedenfalls wuchs, gedieh und blühte unser Verein. Er war keiner großen Organisation angeschlossen, nicht einmal in das Vereinsregister eingetragen. Wir waren übrigens in Hamburg der erste Segelverein, wenn nicht gar in Deutschland, der Damen als vollwertige Mitglieder aufnahm, der Mädel theoretisch und praktisch im Segeln ausbildete, was uns von mißverstehenden oder neidischen Leuten böse Spottnamen einbrachte. „Knutschverein“ wurden wir genannt. Das störte uns keineswegs. Aus Tykel Oldenburg, Friedel Boje, Olly Grotkopp, Alma Kleist, Doris Langmaack, Gretel Hingler, Lotti Niebuhr oder Minna John sind samt und sonders kreuzbrave Seglerfrauen geworden, deren Männer teilweise noch heute in anderen Vereinen führende Posten im Segelsport bekleiden. Wir wußten, was wir wollten, und hielten eisern an unserem Kurs fest. Wir sind sicher auch einer der ersten Segelvereine, der seine eigene Zeitung herausgab.

Wir hatten nun so viele Schiffe, aber noch kein Beiboot. Eigentlich braucht man ja für Jollen kein Beiboot, aber es hebt doch immerhin das Ansehen, wenn man ein Beiboot besitzt. Wir wollten uns also selbst eines bauen. Helmuth Westendorf und ich waren Schiffbauer bei Blohm & Voß, Walter und Paul-Adje Seitz wurden es aus Leidenschaft. Alexander Werth und Jan Groß packten ebenfalls mit an. So entstand bei mir auf dem Trockenboden das stolze Schiff „Peng“, ein nordischer Kahn von 2,3 Meter Länge. Und mit der „Peng“ haben wir erst Spaß gehabt! Wir nahmen unsere „Peng“ mit nach Tante Minna und schoben sie durch das Fenster ins Klubzimmer hinein. Wir nahmen unsere „Peng“ mit zum Holzdamm und stellten sie als Schilderhaus vor den „Pariser Hof“.

In der ganzen Welt gab es überhaupt keinen schöneren Verein als den „SV Hansa von 1910“: ein Vereinsboot, auf dem wir für billiges Geld segeln konnten, eine seglerische Ausbildung, wie sie nicht besser gehandhabt werden konnte, eine ganze Flotte von Privatbooten, vom Dingi angefangen bis zur Kieljacht, und schließlich ein Kameradenkreis, der aufeinander eingeschworen war.

Ein „Dienstplan“ war uns wichtiger als Satzungen

Natürlich gab es bei uns auch Satzungen. Statuten nannten wir sie damals noch. Und jedes neueintretende Mitglied mußte diese beschwören. Leider sind durch die Ereignisse des Zweiten Weltkrieges diese Satzungen nicht mehr erhalten geblieben. Wichtiger aber als alles andere war uns der „Dienstplan“. Mit dem Klubboot „Hansa“ wurde ein fester Törn innegehalten. Für jeden Tag war ein „Bootsführer der Wache“ abgeteilt. Dieser war für alles verantwortlich, für die Ordnung an Bord und für die Ordnung am Steg. Außerdem mußte er praktischen Segelunterricht erteilen. Jede volle Stunde mußte die „Hansa“ an der Alsterlust sein und dort wartende Leute übernehmen. War die „Hansa“ voll, wurden die „Kiboko“, die „Katiti“, die „Tannhäuser“ oder sonst ein Schiff eingesetzt. Auch diese mußten sich stündlich melden. Sonnabends und sonntags waren wir mit allen Schiffen auf der Elbe, einerlei wie das Wetter war. Auf Nachtfahrten waren wir Männer allein, bei Tagesfahrten nahmen wir die Damen mit. Meistens brachten wir die Boote am Freitag oder Sonnabend schon nach Oevelgönne und segelten am Sonntag von dort weiter. Jawoll, hat sich was mit Knutschverein!

Übrigens durften nur die zur Elbe, die sich bereits auf der Alster als Fockhand bewährt hatten. Es war schon eine ganz besondere Ehre, hier mitgenommen zu werden. Stolz waren die neuen Mitglieder bereits, wenn sie sonnabends die Pullerei durch die Fleete mitmachen durften. Übrigens sei an dieser Stelle auch erwähnt, daß unsere Boote stets wie geleckt aussahen, nicht wie das übliche Klubboot, das jeden Tag in anderen Händen ist. Deshalb stellten die Bootseigner dem Verein auch ihre Schiffe gern zur Verfügung. Jeder Bootsführer legte seine Ehre darein, das Schiff wieder in tadellosem Zustand abzuliefern. Der Takelmeister hätte solch ein pflichtvergessenes Hühnchen auch vielleicht kranzheistert! Ohne weiteres konnte dieser Segelverbote verhängen.

Und dann kam der Krieg

Bis zum Herbst 1913 leitete der Chronist als Nachfolger von Richard Raasch den Verein. Da wurde er Soldat, wurde als Einjährig-Freiwilliger zur Kaiserlichen Marine eingezogen. Oftmals besuchten mich, die Boote in Cuxhaven. Und dann kam der Krieg. Immer kleiner wurde die Zahl der Mitglieder in der Heimat. Einer nach dem anderen mußte den grauen Rock anziehen. Schließlich blieb nur ein einziger zurück, ein Ingenieur von Blohm & Voß, der unabkömmlich war. War in den ersten Kriegs-Jahren die „Hansa“ noch zu Wasser gebracht worden und trafen sich bei ihr unsere Urlauber, so kam sie in den letzten beiden Kriegsjahren nicht von der Hilger-Werft auf Neuhof weg. Als wir dann nach dem unglücklichen Ende alle bis auf zwei Helmuth Westendorf und Ernst Wilckens, der erste fiel in Flandern, der zweite blieb mit dem Kleinen Kreuzer „Dresden“ vor der Robinson-Insel Juan Fernandes im Stillen Ozean – wieder da waren, fehlte unsere „Hansa“. Ohne unser Wissen und unsere Einwilligung hatte der in der Heimat verbliebene Mann sie verkauft und legte uns nun ein paar zerknitterte Scheine auf den Tisch. Wir waren darüber sehr böse und warfen diesen Mann deshalb kurz-entschlossen aus dem Verein heraus. Wahrscheinlich war dieses grundverkehrt. Der Mann saß allein da mit den Booten und konnte die Rechnungen für Winter- und Sommerlagerung, Versicherung und die notwendigsten Konservierungsarbeiten gar nicht bezahlen, weil keiner von uns mit dem Beitrag überkam. Und es waren nun einmal viele da, die ihre Hände aufhielten. „Hansa“ und „Tannhäuser“ waren nach den masurischen Seen gekommen, das Beiboot „Peng“ fand ich auf dem Bodensee wieder. Wo die übrigen Schiffe blieben, weiß ich leider nicht. Nur die Nationaljolle „Katiti“ lag noch bei Hilger auf der Werft.

Wir kaufen uns eine zweite „Hansa“

Unbedingt mußten wir wieder ein Vereinsboot haben. Paul-Adje Seitz und der Chronist machten sich auf die Suche. Alle Werften an Elbe und Alster wurden abgeklappert. Schließlich konnte uns Hans Wolff von der SVAOe., der sich nebenbei mit der Jachtmaklerei befaßte, eine Jolle zeigen, die unserer alten „Hansa“ um ein Haar glich. Sicher stammte die „Pusselchen“ aus der gleichen Serie der Alsterjollen wie unsere erste „Hansa“. Über dieses Boot freuten wir uns so, dass wir alles andere vergaßen und den Pott für ein paar Tausendmarkscheine erstanden. Natürlich wurde die „Pusselnchen“ sofort auf den Namen „Hansa II“ umgetauft. Wir bauten die Alsterjolle um nach unserer Mütze. Wohl sah das Schiff stolz und schneidig aus, aber es blieb ein Teesieb. Fast Unmögliches haben wir versucht, ein wasserdichtes Boot daraus zu machen, doch alles war vergeblich. Schließlich aber hatten wir Leute genug im Segelverein, um immer eine Wache am Ösfaß zu haben. Mit unendlicher Mühe bekamen wir endlich die „Hansa II“ in Trimm. Außer diesem Boot hatten wir noch ein zweites im Dienst, die Nationaljolle „Katiti II“, die uns unser Kamerad Theo Siefken kostenlos zur Verfügung gestellt hatte. Mit diesen beiden Booten führten wir die gleichen Ausbildungsfahrten durch wie in Vorkriegszeiten.

Es herrschte wieder reges Leben in unserem „Segel-Verein Hansa von 1910“. Auch auf Langfahrt gingen unsere Boote. So unternahm die „Katiti“ unter ihrem Eigner Theo Siefken, Heinz Grotwahl und dem Chronisten eine längere Reise zur Oste und durch den Oste-Hamme-Kanal zur Weser. Zurück ging es von Bremerhaven durch den Geeste-Kanal über Bederkesa, durch den Hadelner Kanal nach Otterndorf und von dort nach Haus. Es war eine herrliche Reise, aber man mußte schon gut zu Fuß sein, denn der Oste-Hamme-Kanal mit seinen vielen Balkenschleusen konnte nur treidelnd passiert werden. Paul-Adje Seitz segelte mit dem gleichen Schiff von Kiel durch den Fehmarnsund nach Travemünde und durch den Elbe-Lübeck-Kanal wieder nach Haus. Auch das war eine vorzügliche Leistung, denn die „Katiti“ war immerhin nur ein Schwertboot von 6,10 Länge, 1,70 m Breite und 22 qm Segelfläche, das auf See eigentlich nichts verloren hat. Mit der „Hansa II“ konnten wir uns allerdings solche Reisen nicht leisten. Soviel wir uns auch abmühten, das Boot abzudichten, nach kurzer Zeit leckte es wieder. Die Segel waren mürbe und mußten dauernd genäht werden. Neue konnten wir uns nicht beschaffen, denn es gab einfach kein Segeltuch. Ebenso bereitete uns die Beschaffung des Tauwerks sehr viele Schwierigkeiten. Dann entdeckten wir noch eine andere sehr unangenehme Eigenschaft an dem Boot: Es war stark Luvgierig, daß uns schließlich gar nichts anderes übrigblieb, als der Jolle einen kleinen Klüverbaum zu geben. Außerdem war die „Hansa II“ eine Kenterkutsche. Sie kenterte nicht, wenn man sie hoch am Winde segelte, sondern raumschots lief sie über das Heck voll. Dagegen gab es nichts. Wir hatten nicht einen Bootsführer, der nicht mit ihr in den Keller gegangen war.

Wir wandern aus zur Elbe

Wir waren zwar immer noch eine verschworene Kameradschaft, die fest zusammenhielt. Aber unter den neuaufgenommenen Mitgliedern waren doch einige, die nicht ganz zu uns paßten und Unfrieden in unsere Reihen trugen. In erster Linie waren das die neuen weiblichen Mitglieder. Das führte bald zu einer ernsten Krise. Es war klar, daß die älteren besonneneren Kameraden nun etwas gegen Mädchen als Sportkameraden überhaupt hatten. Paul-Adje Seitz, der nach dem Kriege zum I. Vorsitzenden erwählt worden war, hatte es sehr schwer, den Verein durch die Wirren der Inflation zu lavieren. Einmal wurde der Sitz des Vereins von der Alster zur Elbe nach Oevelgönne verlegt. Damit hörten auch unsere schönen Stammtischabende in Otto Ortmanns Keller am Holzdamm auf und ebenso die fröhlichen Stunden im „Alstercafe“. Weiterhin wurde der Name geändert in „Segel-Verein Norderelbe“. Im Stander wechselten wir das Hamburger gegen das Altonaer Wappen aus, das ja so ähnlich ist, nur mit spitzeren Türmen und geöffnetem Tor. Etwas Positives aber ist doch aus dem Jahre 1920 zu melden. Der Verein wurde in das Vereinsregister des Amtsgerichtes eingetragen, und zum anderen beantragte er die Aufnahme in den Deutschen Segler-Bund.

Der Verein geriet auch finanziell in Schwierigkeiten und mußte das Klubboot, die „Hansa II“ an F.A. Harms verkaufen. Ein neues Fahrzeug wurde nicht angeschafft. Dafür waren keine Gelder vorhanden, hatte doch jeder mit sich selbst genug zu tun. Aber welchem anderen Segelverein ging es während der Inflation nicht genauso? Gegen Ende des Jahres kamen wieder viele Privatboote hinzu, so daß der Segel-Verein Norderelbe mit 15 Segeljollen das Jahr 1921 beginnen konnte.

Nach Überwindung dieser Schwierigkeiten stand der Verein wieder fest da. Als 1924 Hans Müller den Vorsitz übernommen hatte und Hans Deistung Kassenwart geworden war, verfügte er über 35 Mitglieder und 16 Segeljachten und Jollen sowie eine Motorjacht, die auf Oevelgönne-Reede lagen. Auf allen Bundestagen, sei es in Wismar, Neustadt oder Glückstadt, waren die Mitglieder des SV Norderelbe vertreten. Sie waren auch recht regattafreudig und ließen keine Wettfahrt auf ihrem Revier aus.

1924 gehörten neben dem Segel-Verein Norderelbe nur noch zwei Hamburger Vereine dem Deutschen Segler-Bund an, nachdem die beiden großen Elbe-Vereine, die Segler-Vereinigung Oevelgönne und der Blankeneser Segel-Club, sich von ihm gelöst hatten. Die vom SV Norderelbe blieben jedoch treue Gefolgsmänner. So gehörten dem erweiterten Bundesvorstand Paul Seitz als Obmann des Nordsee-Wettfahrtausschusses, Hans Müller der Technischen Kommission und Walter Seitz als amtlicher Vermesser an. Max Klüssendorf war zum Pressewart der Abteilung Nordwest-Deutschland berufen worden.

Jetzt endlich „Segelclub Norderelbe von 1910“

Noch unter dem Vorsitz von Hans Müller fand 1930 die Verschmelzung des „Segel-Vereins Norderelbe“ mit der „Segler-Vereinigung Unterelbe“ zum „Segel-Club Norderelbe von 1910 e.V.“ statt. Gleichzeitig wurde der Unterelbe-Stander, der weiße Winkel im grünen Feld, als Stander übernommen. Die Segler-Vereinigung Unterelbe hatte bis dahin weder dem Deutschen Segler-Bund noch dem Deutschen Segler-Verband angehört. Diese Zusammenlegung bedeutete für den Klub einen großen Aufschwung, stieg die Mitgliederzahl doch von einigen 30 auf 80 an.

Aber das Glück sollte nicht von Dauer sein. Die von der SV Unterelbe übernommenen Mitglieder blieben nicht bei der Stange. Einer nach dem anderen trat wieder aus. Der Deutsche Segler-Bund wurde 1933 aufgelöst genau wie alle anderen Spitzenorganisationen des Segelsports und die Vereine in einen neuen Deutschen Segler-Verband übergeführt. Nach dem Jahrbuch 1934 des DSV verfügte der Segel-Club „Norderelbe“ von 1910 unter dem Vorsitz von Max Klüssendorf, dem Schriftwart Paul-Adolf Seitz und W. Holtzmann als Kassenwart über 45 Mitglieder, 14 Segelboote und eine Motorjacht. Der Jahresbeitrag betrug damals 18 Mark und die Aufnahmegebühr 2 Mark.

Drei Jahre weiter, 1937, hat sich der Mitgliederbestand zwar nicht wesentlich vergrößert, wohl aber die Flotte, die jetzt aus 23 Segelbooten und einer Motorjacht bestand.

So gab es bis zum Kriege kaum eine Veränderung, weder in der Führung noch im Mitglieder- oder Bootsbestand. Die Animosität gegen weibliche Mitglieder, die 1920 aufgekommen war, ist aber geblieben. Wollte man sich Max Klüssendorf zum Feind machen, brauchte man auf einer Versammlung nur den Antrag einzubringen, die Ehefrauen als Mitglieder aufzunehmen. Der Antrag wurde strikt abgelehnt. Da es in den dreißiger Jahren keinen Vorsitzenden gab, sondern nur einen „Vereinsführer“, hatte dieser sehr große Befugnisse.

Und wieder kam ein Krieg

Der Segelsport auf Alster und Elbe war in den ersten Kriegsjahren noch sehr rege. Bis nach Cuxhaven hin blieb der Strom für uns offen. Ungehindert konnten wir segeln. Auch Regatten wurden veranstaltet. 1942 erfuhren wir die ersten Einschränkungen auf der Alster durch die Tarnbauten, die ins Wasser hineingebauten Flak-Batterien und ganz besonders durch die Tarnbrücke von Harvestehude hinüber zur Gurlitt-Insel, die die Außenalster gewissermaßen in zwei Abschnitte teilte. Erst nach den Großangriffen auf Hamburg im Sommer 1943 wurde die Lage ernster, aber trotzdem wurde immer noch gesegelt, teilweise nur, um Kirschen und Äpfel aus den Obstbaugebieten an der Unterelbe zu holen.

Recht interessant ist es, einmal in alten Vereinsblättern zu stöbern. Ein Mitteilungsblatt erschien seit 1922; leider sind mir diese alle bei der Ausbombung verlorengegangen. Erst vom Dezember 1943 an sind sie wieder vorhanden. Hier schreibt der damalige Vereinsführer Max Klüssendorf:

„Durch die vielen Ausbombungen und die dadurch bedingte Wohnungsänderung hat das Vereinsleben sehr gelitten. Die letzten Zusammenkünfte waren schwach besucht. Der Sportbetrieb und damit das Vereinsleben soll aber nach einer Anordnung des Reichssportführers unverzüglich wieder aufgenommen werden.“

Vom Januar 1944 an erschienen die Clubmitteilungen zunächst wieder regelmäßig monatlich. Das alte Vereinsheim war völlig ausgebombt. Die Versammlung vom Februar 1944 fand in einem Lokal am Hamburger Berg auf St.Pauli statt. Dort schien es uns aber nicht zu gefallen, denn schon im März zogen wir um in das „Stadtrestaurant“ in den Raboisen. Die Hauptversammlung war nur schwach besucht mit Klüssendorf, Paul-Adolf Seitz, Pickenpack, Gröhn, Liebau, Gries, Heinemann, Hillger, W. Harms, Pick, Ahrens, E. Grigais, Boye und Hinrichsen. Hier stellte Walter Harms den Antrag auf Aufnahme von Frau Ina Röhrs“ Grundsätzliche Bedenken gegen die Aufnahme von Damen wurden nicht mehr geltend gemacht. Der Vereinsführer Klüssendorf betonte, daß es eine selbstverständliche Pflicht sei, wenn diese, um dem Verein das Fahrzeug zu erhalten, als Mitglied aufgenommen würden. Selbstredend finden Aufnahmen von Damen nur statt, wenn diese Aufnahme zweckdienlich ist. Frau Röhrs wurde als erste Dame aufgenommen.

Die Zeit nach dem Kriege

Nach der Kapitulation im Mai 1945 wurden zunächst mit sämtlichen Vereinen auch die Segel-Klubs stillgelegt. Doch schon im Herbst des gleichen Jahres regte es sich wieder. Es wurde ein dreizehnköpfiger Ausschuß gebildet, der den Wiederaufbau der Segelvereine in die Wege leiten sollte. In diesem unter dem Reeder Erich F. Laeisz tagenden Ausschuß, der monatlich einmal in dessen Kontor zusammenkam, war auch der Segel-Club „Norderelbe“ mit zwei Mitgliedern vertreten, nämlich Henry Hinrichsen und dem Chronisten. Sie vertraten hier allerdings nicht ihren eigenen Verein, sondern standen genau wie die übrigen elf Ausschußmitglieder für alle Hamburger Segler da.

Noch ein letztes Mal erschien unser Mitteilungsblatt im Februar 1945, dann stellte es bis zum Januar 1946 sein Erscheinen ein. Etwas Positives über den Segelsport, der von den Besatzungsmächten verboten worden war, konnte noch nicht berichtet werden. Versammlungen fanden aber schon wieder statt, doch wurde das Lokal ständig gewechselt.

In dem Protokoll über die erste Hauptversammlung nach dem Kriege – seit sieben Jahren war keine mehr einberufen worden – die am 6. März 1946 abgehalten wurde, heißt es, daß sie von dem Notvorstand Paul-Adolf Seitz geleitet wurde, der an diesem Tage zurücktrat, und Max Klüssendorf wieder dieses Amt übernahm“ Seitz wurde 2. Vorsitzender und Henry Hinrichsen zum Kassenwart gewählt. Der Jahresbeitrag wurde wieder auf 18 Mark festgesetzt, das Eintrittsgeld aber auf 5 Mark erhöht. Als Vereinslokal wurde endgültig der „Goldene Stern“ an der Sternbrücke in Altona festgelegt. Da immer noch nicht gesegelt werden durfte, huldigte man sehr dem Kegelsport, für den Theodor Trautloff verantwortlich war. Außerdem fanden, genau wie in den Kriegsjahren, an Sonntagen Familiennachmittage statt, auf denen der Kaffee vom Verein gestellt wurde, das Gebäck aber selbst mitzubringen war. Einen Lichtblick in der Segelei konnte Klüssendorf auf der Versammlung vom 3. Juli 1946 geben. Eine Anzahl von Jachten bis zu 30 Fuß Länge über Alles erhielten „Permits“, die sie berechtigten, auf der Elbe bis Glückstadt zu segeln. Es waren dieses die Schiffe „Plattdütsch“, „Norderelbe II“, „Nixe“,“Hille II“, „Atlantis“, „Gesell“, „Inge II, „Bayard“, „Wiling“,“Munki II“ und „Tiger“.

In den Jahren 1946 und 1947 erfolgte eine engere Zusammenarbeit mit der Segler-Kameradschaft „Hansa“ e.V. in bezug auf Vorträge und Navigationslehrgänge. Zum Vereinslokal wurde im Frühjahr 1947 die „Bauernschänke“ am Weidenstieg in Eimsbüttel bestimmt.

Erst im Juni 1947 wurde das Segeln auf der ganzen Unterelbe von Hamburg bis Cuxhaven für Schiffe bis zu 13 m Deckslänge seitens der Besatzungsbehörden erlaubt. Das hatte der im April in Hamburg gegründete „Arbeitsausschuß Segeln für das britische Kontrollgebiet einschließlich Bremen“, zu dessen Vorsitzenden Carl Georg Gewers gewählt worden war, erreicht.

Damit hatte dann auch der Segel-Club „Norderelbe“ von 1910 wieder freie Fahrt. Alle Schiffe durften ungehindert auf der Elbe segeln. Bald standen ihnen auch die Gewässer an den deutschen Küsten offen. 1949 legte Max Klüssendorf aus Gesundheitsrücksichten sein Amt nieder. Er wurde zum Ehrenvorsitzenden ernannt, und an seine Stelle trat Henry Hinrichsen. Sein Vertreter wurde Paul-Adolf Seitz und Kassenwart Arthur Fick. Der Club verfügte über 8 Segelboote und zählte 35 Mitglieder. Als auch Seitz sein Amt wegen Erkrankung niederlegen mußte, trat Max Klüssendorf wieder in den Vorstand ein und übernahm von 1953 bis 1956 das Amt des 2. Vorsitzenden. 1954 wurde eine Jugendabteilung eingerichtet, deren Leitung Dr. Winfried Wisotzky übernahm. Die Jungen erhielten einen kleinen Jollenkreuzer, jedoch hatte der Club mit diesem Boot viel Ärger, so daß er wieder verkauft werden mußte und 1955 Henry Hinrichsen die acht Jugendlichen übernahm, bis er zwei Jahre darauf von Hans Müller abgelöst wurde. Dr. Wisotzky übernahm dafür 1957 den Posten eines Schriftwartes, nachdem der bisherige Schriftwart Berthold Dreyer das Amt aus beruflichen Gründen niederlegen mußte.

Von 1949 an erschien das Mitteilungsblatt unter dem Namen „Der Kompaß“. Wenn auch das Hauptrevier des Clubs eben die Elbe war, so traf man den grün-weißen Stander auch auf Nord- und Ostsee an. Mehrmals erhielt Dr. W. Wisotzky mit der „Bayard“ eine Plakette der Kreuzer-Abteilung im Deutschen Segler-Verband für besondere Leistung auf dem Gebiet des Seesegelns.

Wenn der Segel-Club „Norderelbe“ von 1910 e.V. auch in der großen Familie des Deutschen Segler-Verbandes mit seinen einigen sechzig Mitgliedern nur ein kleiner Verein ist, den vor fünfzig Jahren fünf Eimsbütteler Untersekundaner gründeten und dafür Vieren im Deutschen bekamen, so hat er sich doch ein halbes Jahrhundert hindurch als durchaus lebensfähig erwiesen. So wie er damals den Segelsport anpackte, ihn für wenig Geld allen, die Freude an ihm hatten, zugänglich machte, seinen Mitgliedern eine richtige Ausbildung im Segeln gab und dabei eine eiserne Disziplin zu wahren wußte, stand er in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg ziemlich einsam da. Und doch war es der richtige Weg, wie die verflossenen fünf Jahrzehnte gezeigt haben.

An uns selbst sind die Jahre auch nicht spurlos vorübergegangen. Manch einer von den Alten, die dem Club 25 Jahre und länger angehören, mag schon ein graues Haar an seinen Schläfen entdeckt haben. Sie mögen deshalb nicht mehr so gern bei Regenwetter in einer offenen Jolle übernachten, ohne Persenning, weil das zu teuer war, sondern nur mit der Fock als Zudecke. Sie mögen auch nicht mehr, wie damals, alle zwei Stunden aufstehen und den Kahn ausösen, weil das Leckwasser bereits über den Bodenbrettern steht. Nein, sie segeln heute lieber dicke Schiffe mit Propangas und Schaumgummimatratzen. Aber die alte verschworene Kameradschaft ist geblieben, genau wie damals. Nur das mit dem Bilzgrog, nein, das machen sie nicht mehr mit. Aber sonst sind sie stolz darauf, daß unser Verein sie zu wetterharten Seglern erzogen hat, und sie wollen die Erinnerungen nicht missen. Die schönsten Jahre ihres Lebens haben sie zweifellos unter dem schwarz-weiß-roten bzw. grün-weißen Stander verbracht.

Ludwig Dinklage

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